"Hamma!" Als die vier Jungs von Culcha Candela zum Schluss des Konzerts einen ihrer größten Hits ansingen, ist die Stimmung längst auf dem Höhepunkt. Vor, hinter und auf der Bühne feiern, tanzen und singen die Menschen mit den vier Berlinern mit. Richtig. Auch auf der Bühne. Denn das Konzert der Culchas im Rahmen des Internationalen Fests des Caritasverbands Stuttgart ist ein ganz Besonderes. Um das Motto "Vielfalt Grenzenlos" geht es bei dem dreitägigen Fest bei den Berger Sprudlern. Weil die Culchas - selbst eine Multi-Kulti-Band - das gut finden und außerdem eine besondere Verbindung zur Caritas in Stuttgart haben, haben sie spontan ihre Unterstützung zugesagt. Und so lassen sie es an diesem Samstag zwischen zwei Terminen beim Christopher Street Day in Berlin und Stuttgart als Überraschungsgäste auch beim Internationalen Fest richtig krachen. Zuvor haben sie - bereits zum zweiten Mal - die Flüchtlingsunterkunft der Caritas in Stuttgart-Möhringen besucht und mit den Menschen dort Musik gemacht. Ein Teil der Flüchtlinge ist anschließend mit zum Fest gekommen, um vor den Culchas und den Festbesuchern aufzutreten. Nicht erst am Schluss stehen alle gemeinsam auf der Bühne.
Doch wie kam es überhaupt dazu, dass die Culchas beim Caritas-Fest auftreten? Weil Caritas-Mitarbeiterin Elke Abdullahi eine spontane Idee hatte. Auf der Facebook-Fanseite des deutschen Sängers Andreas Bourani entdeckte sie vergangenes Jahr einen Post von Culcha Candela, die sich regelmäßig zu aktuellen politischen Themen äußern und dabei gegen Rassismus und Intoleranz wettern. Elke Abdullahi antwortete einfach und lud die Berliner ein, doch einmal eine der Flüchtlingsunterkünfte der Caritas zu besuchen. "Nur wenig später", sagt sie, "kam tatsächlich eine Antwort." Die lautete - kurz gesagt - "Wir sind dabei." Und so kamen die Culchas im Oktober 2015 erstmals in die Unterkunft in Möhringen. Der zweite Besuch jetzt war Ehrensache.
Ehrensache ist es für ihn auch, sagt Bandmitglied Mateo Jaschik, sich einzusetzen und den Mund aufzumachen gegen Intoleranz und für ein Miteinander. Das tun die Culchas immer wieder mit Worten. Aber auch ganz konkret. So sammeln sie bei ihren Konzerten Geld für Pro Asyl. Und sie besuchen gerne Flüchtlingsunterkünfte, um die Menschen kennenzulernen. "Das ist eine ganz tolle Sache, weil die Leute sich immer so freuen", sagt Mateo Jaschik. Und weil bei diesen Treffen einfach passiert, was Menschen verbindet: "Man begegnet sich auf Augenhöhe und macht Musik zusammen." Das Internationale Fest der Caritas und überhaupt die Caritas-Arbeit passen außerdem zur Band, sagt Mateo Jaschik - und schreit es später auch zum Schluss des Konzerts heraus: "Ihr macht eine tolle Arbeit. Und bewahrt euch eure Menschlichkeit." Dass eine prominente Band wie Culcha Candela "die Themen, die wir haben, und die Botschaften, die wir senden, für uns transportiert, ist natürlich gut", freut sich Caritas-Direktor Uwe Hardt. Dadurch bekomme die Caritas mehr Aufmerksamkeit für ihre Arbeit.
Das gemeinsame Musikmachen, stellt Caritas-Mitarbeiterin Lisa Maisch fest, die die aktuell gut 200 Asylsuchenden in der Unterkunft in Möhringen betreut, ist nicht nur etwas, das extrem verbindet. Der Besuch und das ganze Drumherum "sind ein enormer Zugewinn für die Atmosphäre im Haus". Alle haben sich Mühe gegeben für ihre Gäste und ein großes Büffet mit Speisen unter anderem aus Afghanistan, Syrien, Mazedonien, Nigera und Kamerun zusammengestellt. Die Vorfreude war riesig. "Super cool" findet es Lisa Maisch deshalb, dass die Band noch ein zweites Mal gekommen ist.
Wie groß der Spaß ist, den alle an der Sache haben, wird dann beim Konzert deutlich. Egal, ob tanzende Kinder aus verschiedenen Ländern oder eine kleine Gruppe syrischer Männer, die zu den Klängen von Aud (eine Art Gitarre) und Darboka (eine Trommel) singen: Alle Flüchtlinge, die vor den Culchas und den Festbesuchern auftreten, werden von den Bandmitgliedern aus dem Backstage-Bereich angefeuert und beklatscht. Gleiches gilt andersherum, als Culcha Candela dann loslegen. Vor, auf und hinter der Bühne wird gefeiert und gejubelt. Danach dann ein Schulterklopfen hier, eine Umarmung oder ein Abklatschen dort und natürlich noch gemeinsame Fotos für alle.
Und vermutlich gibt es ein Wiedersehen. Jedenfalls sagt Bandmitglied Don Cali so etwas, als er sich mit vertrautem Abklatschritual von einem jungen Trommler aus Syrien verabschiedet: "Weiter so, mein Freund. Wir sehen uns."