Tarifvertrag Altenhilfe
Die Caritas hat Ende Februar 2021 den Entwurf für einen flächendeckenden Tarifvertrag für die Altenpflege abgelehnt. Diese Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes hat in der Öffentlichkeit hohe Wellen geschlagen und der Caritas den Vorwurf eingebracht, eine bessere Entlohnung in der Pflegebranche zu verhindern. Es gibt natürlich gute Gründe für die Ablehnung der Vorlage durch die Arbeitsrechtliche Kommission, unser Vorstand bedauert jedoch sehr, dass man keine Einigung erzielen konnte, weil es deswegen zunächst keine bessere Entlohnung für viele Pflegekräfte v.a. bei privaten Trägern geben wird.
Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Die Caritas bezahlt ihren Mitarbeiter_innen deutlich mehr, als es der neue Tarifvertrag vorgesehen hätte - dieser wäre rund zehn Prozent unter dem bisherigen AVR-Tarif gelegen. Außerdem beinhaltet das Caritas-Tarifsystem eine betriebliche Altersvorsorge, moderne Arbeitszeitmodelle und Überstundenzuschläge - diese Elemente waren im Entwurf gar nicht enthalten. Schließlich sieht die Caritas das Risiko, dass die Kostenträger (also Pflegekassen und Kommunen) künftig nur noch diesen niedrigen Standard über den Pflegesatz finanzieren könnten. Eine Refinanzierung der höheren Caritas-Personalkosten wäre damit in Gefahr gewesen.
Die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes hat den Tarifvertrag, der ihres Erachtens auch gar nicht allgemein verbindlich verhandelt wurde, also abgelehnt, weil er aus Binnensicht eine Verschlechterung dargestellt hätte. Viele Menschen fragen sich aber: Wo bleibt die Solidarität mit zigtausenden - zumeist bei privaten Trägern beschäftigten - Menschen, die Dumpinglöhne bezahlt bekommen? Zumindest für sie hätte ein einheitlicher Tarifvertrag eine Verbesserung gebracht.
"Wir hätten uns gewünscht, dass die Caritas nicht NEIN sagt."
Der Vorstand des Caritasverband für Stuttgart e.V. bezieht hierzu Position: "Die Ablehnung des Tarifvertrags hat in den vergangenen zwei Wochen heftige Reaktionen ausgelöst. Die Caritas steht nun leider als Verhinderer notwendiger Reformen im Rampenlicht. Persönlich und als Caritasvorstand sind wir sehr enttäuscht vom Scheitern der Verhandlungen. Unser gemeinsames Ziel ist es doch, dass man die schwarzen Schafe in der Branche bekämpft und dass auch bei privaten Trägern bessere Gehälter bezahlt werden. Gerade in der Coronapandemie sind Pflegekräfte massiv gefordert gewesen. Durch die kategorische Ablehnung hat man die Chance auf einen einheitlichen Tarifvertrag in der Pflege erst einmal vergeben. Wir hätten uns gewünscht, dass die Caritas nicht NEIN sagt, sondern zum Ausdruck bringt, dass sie jetzt und heute zur Vorlage noch nicht JA sagen kann, man also weiterverhandeln müsse."
Ziel ist und bleibt die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für alle
"Ziel der Caritas ist und bleibt die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Altenhilfe insgesamt. D.h. wir sind der Meinung, dass dennoch konkrete Forderungen und Verhandlungen für ein besseres Pflegesystem und bessere Arbeitsbedingungen folgen müssen.”
Der Diözesancaritasverband Stuttgart-Rottenburg hat in einer Stellungnahme ausführlich die Hintergründe erklärt und begründet, warum er die Entscheidung für richtig hält und was jetzt passieren muss: Zum Dossier.
Auf der Homepage des Deutschen Caritasverbands sind die Informationen rund um den geplanten Tarifvertrag übersichtlich zusammengefasst: https://www.caritas.de/fuerprofis/fachthemen/gesundheit/der-tarifvertrag-in-der-altenpflege-komm
Dort finden Sie auch ein Interview mit Norbert Altmann, der die Dienstgeber der Caritas vertritt und die Position bezieht: "Bessere Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten in der Altenpflege schafft nur die Politik gemeinsam, nicht die Caritas allein."