Die neue Frauenpension der Caritas in der Wilhelmstraße 18 in Bad Cannstatt schließt eine bestehende Lücke bei der Hilfe für wohnungslose Frauen in Stuttgart: Die sogenannten "Wanderinnen im System" sind Frauen, die oft seit vielen Jahren wohnungslos sind und aufgrund vielfältiger psychischer und körperlicher Probleme bisher nicht adäquat versorgt werden konnten. Sie sollen hier vorübergehend ein geschütztes Zuhause finden. In die neue Frauenpension werden die Bewohnerinnen der bisherigen Frauenpension Kegelenstraße umziehen, zusätzlich gibt es - das ist ein Novum in Stuttgart - Wohnraum speziell für wohnungslose Frauen mit Bedarf an besonderer gesundheitlicher Unterstützung.
In den zwei bestehenden Frauenpensionen der Stuttgarter Caritas finden wohnungslose Frauen ein niedrigschwelliges Wohn- und Hilfeangebot. Die neue Frauenpension Wilhelmstraße will nun auch diejenigen Frauen ansprechen, die bisher durchs Raster gefallen sind: Die sogenannten "Wanderinnen im System" sind häufig psychisch beeinträchtigt oder psychiatrisch krank, haben eine Suchtproblematik, sind zumeist ohne Krankheitseinsicht und Behandlungsakzeptanz und belastet durch ihre Lebensumstände in Armut und Wohnungslosigkeit.
"Frauen, die auf der Straße oder in ungesicherten Wohnverhältnissen leben, werden oft weit vor der Zeit krank und benötigen besondere gesundheitliche Unterstützung", erklärt Harald Wohlmann, Bereichsleiter Armut, Wohnungsnot und Schulden beim Caritasverband für Stuttgart e.V. "Mangels Alternativen sind diese Frauen bisher häufig in Sozialhotels, im ambulant betreuten Wohnen oder in Notunterkünften untergebracht. Sie erhalten dort aber nicht die Versorgung, die sie eigentlich benötigen." Viele der Frauen sind durch Gewalterfahrungen traumatisiert und belastet. Sie benötigen einerseits Unterstützung in vielen Bereichen des Alltags, sind aber oft ablehnend und misstrauisch gegenüber den professionellen Helfer_innen. "Wichtigstes Ziel der neuen Einrichtung ist es deshalb, den Frauen einen Schutzraum und damit zunächst eine Überlebenshilfe bereitzustellen."
Das Konzept für die Frauenpension Wilhelmstraße wurde durch die Hilfekonferenz der frauenspezifischen Wohnungsnotfallhilfe in enger Abstimmung mit der Sozialplanung der Stadt Stuttgart entwickelt. Anlass war die zunehmende Schwierigkeit, eine bestimmte Gruppe von wohnungslosen Frauen adäquat unterzubringen. Stefanie Uphoff, Geschäftsführerin der Zentralen Frauenberatung erklärt: "Bisher hat in Stuttgart eine Einrichtung gefehlt, die einen niedrigschwelligen Zugang bietet und zugleich multiprofessionell und ausreichend mit Personal ausgestattet ist, um auch diesen wohnungslosen Frauen Hilfe, Sicherheit und eine Bleibe geben zu können, bis etwas Adäquates und Langfristiges gefunden wird." Zugleich erhoffe man sich durch das neue Angebot eine substanzielle Entlastung des Stuttgarter Hilfesystems.
Im Team der neuen Frauenpension arbeitet auch eine Pflegepädagogin. Zu ihren Aufgaben gehört, mit dem Entlassungsmanagement der Krankenhäuser zusammenzuarbeiten, bei der Pflegegrad-Einstufung zu helfen und pflegerische Unterstützung durch ambulante Dienste zu vermitteln. Das Gebäude besitzt - im Gegensatz zu den bisherigen Frauenpensionen der Caritas - einen Aufzug und ist dadurch auch für Rollstuhlfahrerinnen bzw. für Frauen, die in ihrer Bewegung eingeschränkt sind, gut zugänglich. Im barrierearmen und teilweise denkmalgeschützten Gebäude gibt es insgesamt 30 Plätze, davon 25 Einzelzimmer, 4 Appartements und ein Zimmer für Notübernachtungen. Die beiden Gebäudeteile sind in zwei Stockwerken miteinander verbunden. Der neue Aufenthaltsraum bietet für die Frauen einen zusätzlichen Ort, wo sie sich gemeinsam aufhalten können. Da man die Erfahrung gemacht hat, dass Hunde und andere Haustiere wichtige Begleiter für die Frauen sind, wird es die (begrenzte) Möglichkeit geben, dass sie ebenfalls mit einziehen.
"Wichtig ist für uns der frauenspezifische Ansatz und die klare Parteilichkeit unserer Mitarbeiterinnen für die Frauen", erklärt Birgit Reddemann, Fachdienstleiterin Hilfen für Frauen bei der Stuttgarter Caritas. "Dazu gehört, dass wir die Bewohnerinnen nicht auf ihre Problematik reduzieren, sondern die persönliche Situation der Frauen - wie auch ihr Umfeld - möglichst als Ganzes erfassen und berücksichtigen."
Aufnahme und Zugang in die Frauenpension Wilhelmstraße
Die Belegung erfolgt ausschließlich über die Zentrale Fachstelle der Stadt Stuttgart zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit (und in Kooperation mit der Zentralen Frauenberatung, der Zentralen Beratungsstelle für junge Erwachsene und der Sozialberatung). Dort, bzw. beim zuständigen Sozialamt und JobCenter, wird vor dem Einzug die Kostenübernahme abgeklärt. Das Vorstellungsgespräch im Haus ist in der Regel das Aufnahmegespräch.
Wir sagen Danke!
Für die Möblierung der Zimmer, der Gemeinschaftsküche und der Kitchenetten wurde die Frauenpension Wilhelmstraße unterstützt von der Vector Stiftung, der Aktion Hilfe für Nachbarn (Stuttgarter Zeitung)/Aktion Weihnachten (Stuttgarter Nachrichten), der Volksbank Stuttgart sowie dem Förderverein "Helfende Hände".
Die Frauenpensionen der Caritas
Seit 1994 gibt es die Frauenpension im Veielbrunnenweg und seit Januar 2016 die Frauenpension in der Kegelenstrasse mit einem ambulanten Wohnangebot nach § 67 SGB XII. In beiden Angeboten sind die Zugangskriterien so gering wie möglich gehalten: Die Frauen müssen sich beim Einzug selbst versorgen können und es darf kein aktuelles Hausverbot vorliegen. Die Bewohnerinnen können selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang sie sozialpädagogische Unterstützung akzeptieren können oder wollen. Die bisherigen Bewohnerinnen der Kegelenstraße werden umziehen in die neue Frauenpension Wilhelmstraße, dort wird es 5 Plätze (+einen Notübernachtungsplatz) mehr als bisher geben. In das Gebäude in der Kegelenstraße wird die Caritas-Einrichtung "Die Silberburg" für betreutes abstinentes Wohnen ziehen.